Das Just Rap Open Air zeigt: Die Stadt will nicht nur Bühne sein – sondern Szene.
Text: Moritz Beasley

Bild: Selfmade Events
Ich war nur kurz auf dem vergangenen Just Rap Open Air in der Insel der Jugend in Magdeburg. Alleine, etwas am Rand, beobachtend. Und trotzdem war mir schon vorher klar: Diese Veranstaltung ist mehr als ein Konzert. Mehr als eine Aneinanderreihung von Auftritten. Just Rap zeigt, wie viele andere Veranstaltungen in der Stadt, dass Magdeburg nicht nur HipHop konsumiert – sondern lebt. Und dass die Szene hier bereit ist, mehr zu sein als „ganz gut für eine kleine Stadt“.
Dutzende Künstler – Rapper, DJs, Producer, Sprayer – waren Teil des Abends. Es wurde getanzt, gesprüht, diskutiert und vor allem gerappt. Die Atmosphäre war offen, der Platz gut gefüllt, die Energie greifbar. Mit Just Rap ist in dem Jahr seit es erdacht wurde etwas entstanden, das aus der Szene selbst kommt und für sie gemacht ist. Besonders beachtlich ist, dass all das weitgehend unabhängig organisiert ist. Just Rap ist keine städtisch geförderte Großproduktion, sondern entsteht im Kern aus Eigeninitiative – mit minimaler Unterstützung und viel persönlichem Einsatz.
Magdeburg steht kulturell in vielen Schatten. Im Schatten von größeren Städten wie Berlin oder Leipzig. Im Schatten seiner Vergangenheit. Und, wenn man ehrlich ist, auch im Schatten von Tokio Hotel, der letzten großen Pop-Erfolgsgeschichte der Stadt. Ganz ehrlich gesagt: Das nervt richtig. Just Rap aber zeigt: Kultur findet hier nicht nur statt, wenn ein Tourbus für eine Nacht Halt macht – sie wächst vor Ort, mit den Leuten, die bleiben.
Zeit, weiterzudenken
Es ist wirklich krass, dass sich die Reihe innerhalb eines Jahres hier und in anderen Städten so etabliert hat. Mit jeder Ausgabe wird das Potenzial, das in Magdeburg schlummert, deutlicher. Genau deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um weiterzudenken.
Die lokale Szene ist nach wie vor stark männlich geprägt, was sich auch im Line-up widerspiegelt. Gerade bei den großen Ausgaben, bei denen inzwischen Artists aus Hamburg oder Berlin eingeflogen werden, fällt auf: Die Bühne bleibt männlich dominiert.
Bei den kleineren Underground-Ausgaben können sich Acts hingegen selbst bewerben, was grundsätzlich eine gute Öffnung ist. Bei kuratierten Events mit Headlinern wird jedoch aktiv gebucht – und dort sollte in Zukunft auch gezielt nach FLINTA-Acts gesucht werden. Namen wie zum Beispiel Ebow, Die P oder Verifiziert zeigen, dass es spannende Artists gibt, die zu Just Rap passen könnten – musikalisch wie inhaltlich.
Das hängt zwar immer von Verfügbarkeit, Gagen und Kontext ab – aber dass solche Namen in den Blick genommen werden, wäre ein nächster, konsequenter Schritt.
Aus großen Namen folgt große Verantwortung
Gerade wenn der Veranstalter in Zukunft – wie angekündigt – größere Namen nach Magdeburg holen möchte, wächst auch die Verantwortung, das kulturelle Format inhaltlich weiterzuentwickeln. Wer auf lange Sicht erfolgreich sein will, braucht Identifikationsfläche. Und die entsteht nicht durch Größe allein, sondern durch Repräsentation. Just Rap ist auf dem besten Weg dahin – jetzt gilt es, die eigene Reichweite so zu nutzen, dass mehr Perspektiven sichtbar werden.
Was ich in der Zeit, in der ich da war, gesehen habe, war roh, lebendig und voller Energie. Just Rap zeigt, dass Magdeburg längst nicht mehr nur zuschaut, wenn es um HipHop und Subkultur geht – sondern selbst Räume schafft, in denen diese Kultur stattfindet und wächst.
Und das ist auch notwendig. In Magdeburg wurde in den vergangenen Monaten in Sachen kultureller Förderung ordentlich der Rotstift angesetzt. Angesichts der kommenden Landtagswahl und aktueller Prognosen ist eine Trendwende in dieser Angelegenheit wohl kaum zu erwarten. Es bleibt nichts anderes übrig, als sich im wörtlichen wie im übertragenen Sinne selbst Räume für Kultur und Vielfalt zu erkämpfen.
Damit solche Formate weiterbestehen können, braucht es Weiterentwicklung: mehr Gesichter, mehr Stimmen, mehr Mut zur Vielfalt. Aber die Richtung stimmt. Just Rap steht sinnbildlich für eine Szene, die nicht fragt, ob Magdeburg bereit ist, sondern längst zeigt, dass es so ist.